Wirtschaft

Altmaier sieht keinen Handlungsbedarf bei Arbeitszeiterfassung

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Der CDU-Minister zweifelt daran, dass deutsche Gesetze wegen des Arbeitszeit-Urteils geändert werden müssen. Der Koalitionspartner sieht das anders.

Sind sich uneins über die Auswirkungen des EuGH-Urteils: Wirtschaftsminister Peter Altmaier (l.) und Arbeitsminister Hubertus…

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Arbeitszeiterfassung könnte für deutsche Arbeitnehmer folgenlos bleiben. Wie aus dem Umfeld des Bundeswirtschaftsministeriums zu hören ist, sei es gut möglich, dass die deutsche Gesetzgebung bereits die geforderten Kriterien erfüllt. „Wir werden das EuGH-Urteil jetzt genau prüfen und ein Rechtsgutachten vergeben, um festzustellen, ob es überhaupt Handlungsbedarf gibt“, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier dem Tagesspiegel.

„Das Urteil weist in die falsche Richtung“, befand der CDU-Minister weiter. Es sei der falsche Weg, „die Stechuhr wieder überall einzuführen“. Nach derzeitiger Rechtslage gebe es in Deutschland bereits ein umfassendes Dokumentationssystem, mit dem die tägliche Arbeitszeit gemessen werden kann.

Der EuGH hatte in der vergangenen Woche entschieden, dass Arbeitgeber nicht nur die Überstunden, sondern die gesamte Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter systematisch erfassen müssen. Das Wirtschaftsministerium erklärte nun aber, das Urteil lasse einen Auslegungsspielraum. Es nenne zudem keine bestimmte Frist, in der Mitgliedstaaten tätig werden müssten.

Altmaier gegen Bürokratie und Überwachung

„Daher ist es jetzt richtig, genau zu prüfen und zu analysieren, ob es Umsetzungsbedarf gibt und nicht zu Schnellschüssen zu kommen“, heißt es aus Altmaiers Haus. „In Deutschland hat sich das Modell der Vertrauensarbeitszeit herausgebildet, mit dem sehr viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber gute Erfahrungen machen“, sagt Altmaier dazu.

Im Ministerium verweist man auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts aus dem Jahr 2003. Hier hatten die Richter die Rechtslage so interpretiert, dass der Betriebsrat Kenntnis von Beginn und Ende sowie vom Umfang der geleisteten wöchentlichen Arbeitszeit erhalten muss. Es sei denkbar, dass die EuGH-Bedingungen damit schon erfüllt sind.

Arbeitsministerium will Arbeitszeitgesetz ändern

Insider berichten, dass der Minister zusätzliche Bürokratie für Unternehmer fürchtet. Auch Überwachungsmaßnahmen wie Tracking-Instrumente, Online-Zeiterfassungssysteme oder mit dem Internetverbundene Armbanduhren wolle er tunlichst vermeiden. Selbst ein erneuter Gang vor den EuGH sei nicht ausgeschlossen, um zu zeigen, dass der auf einer Klage aus Spanien fußende Fall nicht auf Deutschland übertragbar sei.

Die Haltung des Bundeswirtschaftsministers könnte für Krach in der Koalition sorgen. Denn Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte das Urteil begrüßt. „Nach derzeitigen Informationen ist davon auszugehen, dass eine Änderung des Arbeitszeitgesetzes erforderlich sein wird“, heißt es auf Anfrage dieser Zeitung dazu aus dem Bundesarbeistministerium. Es ist gut möglich, dass das Thema schon in der kommenden Woche bei den Ressortgesprächen auf den Tische kommt. Denn dann soll darüber diskutiert werden, wie die Bürokratie-Ausgaben der deutschen Wirtschaft gesenkt werden könnten. Eine neue Arbeitszeiterfassung könnte da zum Problem werden.

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