Wirtschaft

Bundesverwaltungsgericht entscheidet über Kükenschreddern

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Männliche Küken aus Legehennenrassen werden in der Regel vergast und geschreddert. Ein am Donnerstag erwartetet Urteil könnte das ändern.

Küken sitzen unter einer Wärmelampe kurz nach dem Schlüpfen.

Das Bundesverwaltungsgericht wird am Donnerstag sein mit Spannung erwartetes Urteil zum massenhaften Töten von männlichen Küken in der deutschen Geflügelwirtschaft verkünden. Das höchste deutsche Verwaltungsgericht in Leipzig muss darüber entscheiden, ob die in den Brütereien weit verbreitete Praxis mit dem Tierschutz vereinbar ist. Ein Überblick über den Rechtsstreit, die Gründe für diese Praxis und mögliche Alternativen:

Warum werden männliche Küken getötet?

Männliche Eintagsküken aus Legehennenrassen werden in der Regel vergast und geschreddert, weil sie keine Eier legen und zu wenig Fleisch ansetzen. Die Agrarbranche hat also schlicht keine Verwendung für sie. Die Unternehmen sehen derzeit wirtschaftlich keine andere Möglichkeit. Rund 45 Millionen männliche Küken werden deshalb jedes Jahr in Deutschland getötet.


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Ein Verbot des Kükentötens ohne Alternative würde dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft zufolge “mittelfristig zu erheblichen Lücken” bei der Versorgung mit Eiern führen. Die Branche will demnach aus dem “aktuell weltweit praktizierten Kükentöten” aussteigen, “sobald eine praxistaugliche Alternative vorliegt”.

Warum verhandelt das Bundesverfassungsgericht?

Das damals noch von den Grünen geführte Landwirtschaftsministerium in Nordrhein-Westfalen wies die örtlichen Behörden im Jahr 2013 an, die Tötung der männlichen Eintagsküken zu untersagen. Dagegen klagten Unternehmen – mit Erfolg. Im Mai 2016 entschied das Oberverwaltungsgericht für Nordrhein-Westfalen in Münster im Berufungsverfahren, dass das Töten von Eintagsküken mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sei. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht im Revisionsverfahren abschließend entscheiden.

Was ist der Knackpunkt im Rechtsstreit?

Die Verwaltungsrichter müssen vor allem die Frage klären, ob es im Sinne des Tierschutzgesetzes einen “vernünftigen Grund” für eine solche Praxis gibt. Im maßgeblichen Paragrafen eins des Gesetzes heißt es: “Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.” Dabei geht es vor allem darum, inwieweit wirtschaftliche Interessen bei dieser Abwägung berücksichtigt werden können.

Das Oberverwaltungsgericht sah einen solchen Grund darin, dass die Aufzucht der männlichen Küken im Widerspruch zum Stand der Hühnerzucht und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stehe. Aufgezogene männliche Küken seien für die Unternehmen praktisch nicht zu vermarkten.

Eine entscheidende Rolle dürfte auch spielen, dass der Tierschutz seit 2002 als Staatsziel im Grundgesetz verankert ist. Mit Spannung wird erwartet, wie die Richter die Bedeutung von Artikel 20a mit Blick auf den massenhaften Kükentod in deutschen Brütereien bewerten.

Welche Alternativen gibt es?

Gearbeitet wird derzeit unter anderem an Methoden zur Geschlechtsbestimmung im Brutei. Dadurch sollen männliche Küken gar nicht erst ausgebrütet werden. Doch das Verfahren ist umstritten. Fraglich ist etwa, wann Embryos ein Schmerzempfinden haben. Ausgeschlossen wird dies derzeit nur vor dem siebten Bruttag. Der Deutsche Tierschutzbund lehnt deshalb jede Methode ab, die nach dem sechsten Bruttag angewendet wird. Bei dem derzeit bekanntesten Ansatz – dem sogenannten Seleggt-Verfahren – wird das Geschlecht aber erst zwischen dem achten und zehnten Bruttag bestimmt.

Für Tierschützer ist eine Abkehr von der spezialisierten Zucht und eine Rückkehr zu sogenannten Zweinutzungshühnern als deutlich bessere Alternative. Dabei legen die Hennen Eier, während die Hähne gemästet werden. Das Bundeslandwirtschaftsministerium weist aber darauf hin, dass die Hennen weniger und teilweise kleinere Eier legten und Hähne dieser Rassen langsamer wüchsen.

Eine dritte Alternative ist die Aufzucht männlicher Küken. Dies geschieht im Rahmen sogenannter Bruderhahn-Initiativen. Laut Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen ist das Prinzip dabei immer gleich: “Der Eier-Preis beinhaltet einen Aufschlag, mit dem die teure Mast der Legehennen-Brüder quersubventioniert wird.” Entsprechende Initiativen gibt es bundesweit, aber auch regional. (AFP)

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