Wirtschaft

Der Zauber der Musik

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Ein neues Führungstrio soll dem Berliner High-End-Hersteller Burmester den Weg in eine klangvolle Zukunft weisen.

Ein gutes Trio: Geschäftsführerin Marianne Burmester, Entwicklungschef Stefan Größler und der neue Geschäftsführer Andreas Henke…

Wer kennt das nicht: Der Mann dreht die Hifi-Anlage laut, damit er seine Lieblingsmusik richtig genießen kann – und die Frau sagt: „Mach’ doch mal leiser!“. Das war bei Dieter und Marianne Burmester nicht anders. Dann sagte Dieter, der bis zu seinem Tod im August 2015 in seinem Unternehmen in Berlin-Schöneberg Audiosysteme auf Weltklasseniveau herstellte: „Aber in der Philharmonie stört dich die Lautstärke doch auch nicht!“ Darauf Marianne: „Das ist doch was ganz anderes!“

Heute schmunzelt sie über den Dialog und fügt an: „Frauen hören einfach besser.“ Sie steht in den Räumen des Unternehmens, das jetzt ihr und den beiden Töchtern gehört. Vor ihr thront ein Burmester-Verstärker von 1980 als Ausstellungsstück. 1977 hatte der Elektroingenieur, Rockgitarrist und -bassist Dieter Burmester das Unternehmen gegründet, im Juli war das 40-jährige Jubiläum mit viel Live-Musik gefeiert worden. Dass der High-End-Hersteller auch ohne den herausragenden Konstrukteur eine sichere Zukunft hat, liegt daran, dass Marianne Burmester ein gutes Führungstrio zusammengestellt hat.


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Geschäftsführer von Porsche

Als ihr Mann mit 69 Jahren nach einer Krebserkrankung starb, war sie unsicher, wie es weitergehen soll. Doch schnell war klar: „Das Unternehmen in fremde Hände zu geben kam für mich nicht infrage. Dieter hat so viele Jahre sein Herzblut für die Firma gegeben.“ Andererseits wollte Marianne Burmester auch nicht „auf ewig“ Geschäftsführerin sein. So machte sie sich auf die Suche nach jemandem, der einerseits für Musik und Hifi brennt, andererseits Ahnung von Management hat. „Da lief mir Herr Henke über den Weg.“

Andreas Henke, ein zierlicher Mittvierziger mit wachen Augen, war Marketingleiter bei Porsche, bevor er Anfang 2017 zu Burmester kam. Mit den Audio-Anlagen, die Burmester an Porsche, Mercedes und Bugatti liefert, hatte Henke beruflich gar nichts zu tun. Seine Verbindung zum Thema Hifi war bis dahin rein privat. „Ich hab’ schon mit 16 auf dem Bau gearbeitet, um mir eine gute Anlage leisten zu können“, erzählt er. Viele Jahre später erfüllte Henke sich einen Traum: eine Burmester-Anlage. Viele Stunden beriet ihn Dieter Burmester und ließ ihn probehören. „Gott hat Zeit für mich“, dachte Henke. Der Manager und der Hifi-Entwickler hatten einen Draht zueinander, und so kam Marianne Burmester später auf den Schwaben zurück.

Sein Chefbüro sieht noch aus wie bei Dieter Burmester, mit vielen Fotos des Gründers, Bassgitarren und einem Bass- Verstärker des Hobby-Musikers. Aber das heißt nicht, dass Henke nur das Vermächtnis verwalten würde. Er hat viel vor. Eine neue Designstrategie will er finden: „Welche Geräte aus der Vergangenheit waren Ikonen und welche eher nicht? So wollen wir eine neue Linie entwickeln.“ In Zeiten von Netzwerkanbietern wie Sonos und Streaming-Diensten wie Spotify dürfe das Design „kein Kaufhinderungsgrund“ sein.

Mehr Frauen als Kundinnen

Das führt Henke direkt zum Thema „Geschlechteraufteilung“: Die meisten Hifi-Anlagen, insbesondere die hochpreisigen, werden von Männern gekauft. „Es ist doch schade, dass wir auf die Hälfte der Bevölkerung als Kunden verzichten“, wirft Marianne Burmester ein.

Im Hörraum wird dann schnell klar, wie unterschiedlich man das Thema Hifi interpretieren kann. Zuerst schleppen drei Arbeiter zwei der neuen Endverstärker herein, die jeweils 176 Kilogramm wiegen und 1200 Watt leisten. Die dazu passenden Lautsprecher wiegen jeweils 410 Kilogramm und sind mehr als mannshoch. Die Referenz-Anlage klingt beeindruckend. Egal ob bei Nils Lofgren oder Elvis – die Bühne ist riesig, die Instrumente stehen wie gemeißelt im Raum. Der Gesamtpreis von rund 500.000 Euro ist allerdings für viele ein Hindernis – egal, ob Mann oder Frau.

Das Gegenstück ist die Anlage Phase 3 Loft Style. Sie besteht aus einem integrierten Gerät und zwei kompakten Lautsprechern – und das für schlanke 30.000 Euro. Sie klingt nicht so mächtig wie die Referenz-Serie, aber fast noch feiner. „So schlecht ist das nicht“, sagt Frau Burmester, als ob es um eine Anlage aus dem Media Markt ginge.

Akademie des feinen Klanges geplant

Alle Geräte steuert Technikchef Stefan Größler per iPad. Der Mann mit dem rotblonden Pferdeschwanz hat 2006 bei Burmester als Entwicklungsingenieur angefangen und sich um die Audio-Systeme für Autos verdient gemacht. Auch als es darum ging, ins Streaming-Zeitalter einzutreten, gab Größler den Anstoß. „Am Anfang war Dieter skeptisch, weil er dachte, MP3 und Co. genügen nicht unseren Ansprüchen“ erinnert er sich. „Aber dann hat er es mitgetragen.“ Größler konnte seinen Chef davon überzeugen, dass Streaming und Netzwerktechnik auch auf höchstem Niveau möglich sind. Das Betriebssystem, das Datenbankmanagement, die App – alles wurde im Unternehmen selbst entwickelt, weil 2010 auf dem Markt noch wenig zur Verfügung stand. Sehr früh schon kooperierte Burmester mit Highresaudio, Qobuz und Tidal, die Musikdateien in hoher Qualität anbieten. Um auch Vinyl-Fans bedienen zu können, hat das Unternehmen gerade einen Plattenspieler nach alten Plänen von Dieter Burmester herausgebracht.

Und Henke will eine „Akademie des feinen Klanges“ gründen. Dort sollen Musiker, Komponisten, Physiker und Neurologen „den Zauber von Musik weitergeben“, so Henke. „Wir werden niemandem auch nur einen Euro zahlen – und trotzdem ist das Feedback überragend.“

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