Wirtschaft

Deutsche Bank und Commerzbank loten Fusion aus

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Deutsche Bank und Commerzbank nehmen Gespräche über eine mögliche Fusion auf. Die Gewerkschaften fürchten den Verlust von bis zu 50.000 Arbeitsplätzen.

Frankfurter Bankenviertel

Deutsche Bank und Commerzbank nehmen Gespräche über eine mögliche Fusion auf. Das bestätigte die Deutsche Bank am Sonntagmittag. Der Vorstand habe beschlossen, “strategische Optionen zu prüfen”, teilte das Institut mit. Es gebe allerdings keine Gewähr, dass es tatsächlich zur Fusion komme. Man werde alle Optionen danach bewerten, „ob sie Wachstum und Profitabilität der Bank stärken“.

Seit Monaten wird über eine Fusion der beiden Institute spekuliert. Immer wieder bekräftigten Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär, der ehemalige Goldman-Sachs-Deutschlandchef Jörg Kukies: Deutschland brauche starke Banken. Die Bundesregierung stehe „wirtschaftlich sinnvollen Optionen offen gegenüber“.

Allein Kukies traf sich offiziellen Angaben zufolge im vergangenen Jahr fast zwei Dutzend Mal mit führenden Vertretern der Deutschen Bank. Bei der Commerzbank hat der Bund über seine Aktienbeteiligung von gut 15 Prozent, die er seit der Finanzkrise hält, Mitspracherecht.

Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing betonte in einer Nachricht an die Mitarbeiter vom Sonntag, dass eine Fusion keineswegs ausgemachte Sache sei. „Wir werden ausschließlich wirtschaftlich sinnvolle Optionen verfolgen, mit denen wir an unsere Fortschritte von 2018 anknüpfen können“, heißt es in der Nachricht. Zum jetzigen Zeitpunkt stehe nicht fest, ob es überhaupt zu einer Transaktion kommen werde. „Die Erfahrungen zeigen, dass es viele wirtschaftliche und technische Gründe geben kann, die einem solchen Schritt entgegenstehen können.“


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Deutsche-Bank-Kommunikationschef Jörg Eigendorf ergänzte, dass es für einen Zusammenschluss „einen guten Plan, allem voran einen guten Integrationsplan“ geben müsse. „Uns geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit.“ Die Sondierungsgespräche würden „eine Weile brauchen“.

Medienberichten zufolge sollen Scholz und Kukies die Bankchefs Sewing und Martin Zielke (Commerzbank) gedrängt haben, ein Zusammengehen zu prüfen – idealerweise vor der Europawahl Ende Mai.

Die Sorge der Politik: Europas größter Volkswirtschaft fehlt eine schlagkräftige internationale Großbank. Während die US-Konkurrenz längst wieder bestens verdient, dümpeln Deutschlands Großbanken zehn Jahre nach der Finanzkrise vor sich hin.

Deutsche Bank zuletzt mit Rückkehr in Gewinnzone

Der deutsche Bankenmarkt ist traditionell hart umkämpft, die niedrigen Zinsen im Euroraum und hohe Regulierungskosten erschweren der Branche das Geldverdienen zusätzlich. Dazu kamen hausgemachte Probleme wie teure juristische Altlasten bei der Deutschen Bank.

Nach drei Verlustjahren in Folge hat Deutschlands größtes Geldhaus 2018 mit 341 Millionen Euro Überschuss gerade erst die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Von glänzenden Milliardengewinnen der Vergangenheit ist die Deutsche Bank allerdings meilenweit entfernt – ebenso wie der Aktienkurs von einstigen Höchstständen.

Die Commerzbank hat im vergangenen Jahr zwar etwa zweieinhalb Mal so viel verdient wie die Deutsche Bank (865 Mio Euro), sieht sich bei ihrem Konzernumbau inklusive Stellenabbau aber auch noch nicht am Ziel. Das Institut stieg im Herbst angesichts eines ebenfalls kräftig gestutzten Börsenwertes sogar vom Dax in den MDax ab.

Ob ein Zusammenschluss der beiden Häuser die Lösung der Probleme wäre, ist unter Experten umstritten. Bezweifelt wird vor allem, dass aus der angeschlagenen Deutschen Bank und der im Umbau befindlichen Commerzbank der „nationale Champion“ mit deutlich mehr Gewicht auf der internationalen Bühne entstünde, den die Politik sich wünscht.

Zweifelsohne könnten in einer größeren Einheit auf Dauer die Kosten gesenkt werden, das Megathema Digitalisierung könnten die Institute mit vereinten Kräften vorantreiben. Allerdings stünden wohl Tausende Jobs auf der Kippe, an den Zentralen und Filialen würde eine Fusion sicher nicht spurlos vorübergehen.

Gewerkschaften wegen Fusion in Sorge

Die Gewerkschaft Verdi befürchtet im Fall eines Zusammenschlusses von Deutscher Bank und Commerzbank den Verlust Zehntausender Jobs. „Wir stehen einem solchen Szenario eher ablehnend gegenüber, denn eine solche Fusion würde erheblich Arbeitsplätze kosten“, sagte der Verdi-Bundesfachgruppenleiter Banken, Jan Duscheck.

„Im ungünstigsten Fall muss man wohl den Abbau von 30.000 Stellen befürchten.“ Ende 2018 beschäftigten die beiden Institute zusammen gut 133.000 Vollzeitkräfte. Klaus Nieding, Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), befürchtet sogar einen noch größeren Stellenabbau im Falle einer Fusion der beiden Großbanken: „Ich befürchte, wir reden über ein mögliches Potenzial an Stellenabbau, was in einem deutlichen fünfstelligen Bereich liegt – zwischen 30.000 und vielleicht sogar 50.000 Mitarbeiter.“

Seit dem vergangenen Sommer halten sich Spekulationen über eine Fusion der angeschlagenen Deutschen Bank mit der im Umbau befindlichen Commerzbank. Immer wieder betonte das Bundesfinanzministerium, Deutschland brauche starke Banken.

Der Bund ist nach einer Rettungsaktion in der Finanzkrise vor zehn Jahren mit gut 15 Prozent größter Einzelaktionär der Commerzbank. „Ein solcher Zusammenschluss würde nur Sinn machen, wenn ein gestärktes Institut entstünde, das mehr Chancen auf dem Markt hätte und das langfristig Arbeitsplätze sichern würde“, sagte Duscheck, der auch Mitglied im Aufsichtsrat der Deutschen Bank ist. „Eine solche Perspektive können wir nicht erkennen.“

Auch DSW-Vertreter Nieding hält die Fusionsidee „für wirtschaftlich völlig unsinnig“: „Es würde ja kein internationaler Champion entstehen durch diese Fusion“, meint Nieding. „Beide Banken zusammen wären auch nach einer Fusion nicht in der Weltspitze angekommen.“

Die Grünen pochen auf ein Mitspracherecht des Bundestages

Der Unions-Haushaltspolitiker Eckhardt Rehberg hat Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vor einer politischen Einflussnahme bei den Gesprächen von Deutsche Bank und Commerzbank über eine mögliche Fusion gewarnt. „Ich fordere Finanzminister Scholz zur Zurückhaltung auf“, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion am Sonntag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Eine Fusion der beiden Banken muss nach rein betriebswirtschaftlichen Kriterien Sinn ergeben. Das müssen die Banken selbst für sich entscheiden.“

Die Grünen pochen auf ein Mitspracherecht des Bundestages im Fall eines Zusammenschlusses von Deutscher Bank und Commerzbank. “Bundesfinanzminister Olaf Scholz muss endlich die Karten auf den Tisch legen, welche Rolle der Bund als größter Eigentümer der Commerzbank bei den Gesprächen spielt”, sagte Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. “Es darf nicht ohne Beteiligung des Bundestages entschieden werden.”

Scholz wolle im Hintergrund eine “Großbank mit großen Risiken” zimmern, warf Kindler dem SPD-Politiker vor. Die Bundesregierung müsse unter anderem erläutern, ob der Bund Anteile an der neuen Bank halten wolle, wenn eine Fusion zustande kommen sollte. Es sei “hochproblematisch”, wenn auf diesem Weg eine “Großbank mit Staatsgarantie” entstünde. (dpa, Reuters)

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