Wirtschaft

Donald Trump lässt die PS-Monster frei

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US-Präsident Donald Trump will die Obergrenzen für den Spritverbrauch von Autos so stark erhöhen, dass es selbst den Herstellern zu weit geht.

Freund der US-Industrie. US-Präsident Donald Trump auf einer Veranstaltung der Autoindustrie.

Die USA erzeugen so viel CO2 wie kein anderes Land der Welt außer China, was vor allem am Verkehr liegt. Donald Trump will die zukünftigen Obergrenzen für den Spritverbrauch von Autos nun so stark erhöhen, dass es selbst den Autoherstellern zu weit geht. Dahinter steckt die Ölindustrie.

Während viele Augen auf Kattowitz gerichtet waren, ging diese Meldung am Wochenende fast unter: Die USA werden 2018 nicht nur so viel Öl aus dem Boden holen wie nie zuvor. Sie setzen sich auch an die Spitze der Liste der größten Förderländer der Welt und lassen mit 10,9 Millionen Barrel pro Tag Saudi-Arabien hinter sich. Das teilte die Internationale Energieagentur (IEA) mit.

Der amerikanische Öl-Boom lässt den Schluss zu: Es ist mehr als genug da vom schwarzen Gold. Warum also sparen? Mit genau diesem Argument hat die amerikanische Öl-Industrie eine millionenschwere Lobby-Kampagne unterfüttert. Das Ziel: Die von der Barack-Obama-Regierung angekündigten neuen Obergrenzen für den Spritverbrauch von Autos zu kippen, was auch gelang. Über die erfolgreiche Einflussnahme hat die „New York Times“ nun eine groß angelegte Recherche veröffentlicht.

„Da eine drohende Ölknappheit nicht mehr Anlass zur Sorge gibt, sollten die Amerikaner die Wahl zwischen Fahrzeugen haben, die ihren Bedürfnissen am besten entsprechen“, ist in einem Brief zu lesen, den der größte amerikanische Ölraffinerie-Betreiber Marathon Petroleum an Abgeordnete des Kongresses in Washington schickte. Eine parallel laufende Facebook-Kampagne wurde demnach von einer Organisation gesteuert, die auch von Exxon Mobil, Chevron, Phillips 66 und anderen Konzernen finanziert wird. Sie zielt darauf ab, Autobesitzer dazu zu bewegen, sich an die Abgeordneten ihres Wahlkreises zu wenden.


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Verkehrssektor ist größter CO2-Emittent in den USA

Der Plan von US-Präsident Donald Trump sieht nun vor, die Spritgrenzen auf dem Niveau von 2020 für die Zukunft festzuschreiben. Eigentlich sollte sich die Effizienz der Motoren bis 2025 verdoppeln, sodass für die gleiche Fahrstrecke nur halb so viel Kraftstoff benötigt würde. Da die am meisten verkauften Autos zwischen Ost- und Westküste SUVs und vor allem große Pickups sind, wäre der Einspar-Effekt enorm. Bislang ist der Verkehrssektor der größte CO2-Emittent in den USA und liegt knapp vor der Stromerzeugung, meldet die US-Umweltbehörde.

Die Entwicklung gilt unter Experten als bislang größter Schlag der Trump-Regierung gegen den Klimaschutz. Kommt es so, würden die USA bis zu 900 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich bis 2035 in die Atmosphäre schießen, so eine Analyse des Forschungszentrums der Rhodium Group. Die Denkfabrik Energy Innovation nennt noch höhere Zahlen. Allein die zusätzlichen Emissionen würden den Ausstoß ganzer Länder wie Österreich oder Griechenland übertreffen.

Das Aus für die neuen Spritverbrauch-Obergrenzen würde laut Rhodium unter dem Strich größere Auswirkungen auf die US-Klimabilanz haben, als die ebenfalls vom Weißen Haus angestoßene Aufweichung des Clean Power Plan, der den Ausstoß von Kohlekraftwerken einschränkt, und die Ausweitung der Freiheiten für die Öl- und Gasförderung, was zu einem Anstieg der besonders klimaschädlichen Methan-Emissionen führt.

Grenzen: „Relikt aus einer Zeit der Rohstoffknappheit“

Ausgerechnet den Autoherstellern gehen die Trump-Pläne viel zu weit. Sie reagieren mehr als skeptisch. Zwar hatten sie sich mehr Flexibilität bei den neuen Vorgaben gewünscht, etwa wann welche Ziele erreicht werden. Doch der radikale Klima-Rollback ist gar nicht in ihrem Interesse: Einzelne Bundesstaaten, die von Kalifornien angeführt werden, drängen nun auf eigene Obergrenzen und die schnellere Einführung von Elektroautos.

Ein Flickenteppich an Regeln, womöglich von Bundesstaat zu Bundesstaat, wäre für die Hersteller teuer und unpraktisch. Denn Autos, die etwa in Kalifornien zugelassen werden würden, wären dann in Märkten mit geringeren Standards zu teuer, um wettbewerbsfähig zu sein. Wie weit Kalifornien und andere Bundesstaaten gegen den Willen des Weißen Hauses überhaupt gehen können, werden aber erst Gerichte klären müssen. Bis zu einem Ergebnis wird wohl auch die Kampagne der Ölindustrie weiterlaufen. Dafür hat sich Marathon Petroleum bereits mit dem American Legislative Exchange Council zusammengetan, einer üppig ausgestatteten Denkfabrik der milliardenschweren Brüder Charles und David Koch, deren Industrieimperium landesweit Einfluss nimmt auf Wahlen und einzelne Gesetzesvorhaben. Zusammen schrieb man einen Gesetzentwurf für Bundesstaaten.

Darin heißt es unter anderem: Die von der Obama-Administration angedachten Spritgrenzen seien ein „Relikt aus einer Zeit der Rohstoffknappheit“. Bürokraten sollten den Amerikanern nicht diktieren dürfen, welche Autos sie fahren. Die Facebook-Kampagne führt auf eine Webseite mit dem Konterfei von Obama. Darunter steht: „Würden Sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?“

Dieser Beitrag erschien zuerst in unserem Entscheider-Briefing Tagesspiegel Background Energie & Klima.

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