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Kofler: “Entscheidend, dass alle Beteiligten im Kongo Ruhe bewahren”

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Historischer Machtwechsel oder neue Gewaltwelle? Im Kongo ist die Lage nach den Präsidentschaftswahlen angespannt. Die DW sprach darüber mit der Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Bärbel Kofler.

Feiernde Anhänger von Félix Tshisekedi, der nach offiziellen Angaben die meisten Stimmen erhielt

DW: Wie bewerten Sie das Wahlergebnis?

Bärbel Kofler: Erstmal bin ich froh, dass die Wahlen endlich stattgefunden haben und dass sie – von einigen wenigen Vorfällen abgesehen – friedlich abgelaufen sind. Ich freue mich auch, dass ein Machtwechsel im Kongo möglich war. Man darf es nicht unterschätzen, dass es einen durch Wahlen herbeigeführten Wechsel zwischen der Kabila-treuen Gruppierung und einem Oppositionsführer gegeben hat.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch sehr ernstzunehmende Stimmen, die von einem Ergebnis sprechen, das nicht regulär zustande gekommen ist. Die davon sprechen, dass sie bei ihren Wahlbeobachtungen andere Ergebnisse wahrgenommen haben, also schlicht und ergreifend, dass man auch Zweifel an der Legitimität des Ergebnisses haben kann.

Wie sollen alle Beteiligten im Kongo – Politik, Zivilgesellschaft, Justiz – mit den Betrugsvorwürfen umgehen?

Das ist eine schwierige Frage. Es gibt natürlich die Möglichkeit, die Wahl anzufechten. Dann hätte das Verfassungsgericht die Möglichkeit, zu entscheiden. Entscheidend ist, dass alle Beteiligten Ruhe bewahren und es zu einer gewaltfreien Machtübergabe kommt. Es wäre aber ganz besonders wichtig, Transparenz herzustellen. Auch viele Vertreter der Zivilgesellschaft fordern, dass die Wahlergebnisse transparent gemacht werden sollen. Sonst wird in den Hinterköpfen der Menschen immer ein Zweifel bleiben. Ich glaube aber auch, dass es sehr wichtig ist, für die Menschen Verbesserungen zu erreichen. Der Kongo ist ein von Korruption und Armut geschütteltes Land. Eine der Grundvoraussetzungen für eine positive zukünftige Entwicklung wird sein, wie man den Menschen helfen kann.

Bärbel Kofler ist seit 2016 Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung

Wie kann Deutschland in der angespannten Situation nach den Wahlen helfen?

Es ist wichtig, auch von unserer Seite zu Ruhe und zu Gewaltfreiheit aufzurufen. Die kongolesische Bevölkerung hat während des Wahlvorganges große Besonnenheit gezeigt. Dazu aufzurufen, daran festzuhalten, ist sehr wichtig. Das Zweite ist, dass wir an unseren Überzeugungen von fairen und transparenten Wahlen festhalten. Die Aufgabe wird sein, das immer wieder deutlich zu machen und immer wieder darauf hinzuwirken, dass hier in der Zukunft deutliche Verbesserungen zustande kommen.

Die Beziehungen zu Präsident Kabila waren aufgrund der politischen Lage im Kongo zuletzt sehr angespannt. Wird Deutschland mit der neuen Regierung wieder enger zusammenarbeiten?

Das werden wir sehen. Natürlich waren die Beziehungen auch aufgrund der nicht durchgeführten Wahlen, wodurch auch die Verfassung des Kongo gebrochen wurde, angespannt. Dadurch wurde auch all das konterkariert, wofür wir gemeinsam versucht haben zu arbeiten, eine Verbesserung und Befriedung der Situation im Land. Wie wir die Beziehungen in Zukunft gestalten wird auch davon abhängen, wie die neue Regierung diese Probleme angeht.

Bärbel Kofler, SPD-Bundestagsabgeordnete, ist seit März 2016 die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe.

Das Interview führte Daniel Pelz.

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