Kultur

There Is A Place: Maisha: Virtuoser Spiritual Jazz aus London

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Spätestens mit Kamasi Washington ist Spiritual Jazz ein Erfolgsmodell. Auch in Großbritanniens Szene kommen jetzt Talente hoch und werden über einen kleinen Expertenkreis hinaus bekannt – zuletzt Maisha.

Maisha – der Jazz-Underground Londons lebt. Foto: Brownswood Recordings

Schon der Opener erinnert an den derzeit weltweit gefeierten neuen US-Superstar Kamasi Washington, vom Titel her und auch stilistisch: «Osiris» vom britischen Bandprojekt Maisha.

Fast zwölf Minuten lang, voller interessanter Wendungen zwischen Modern Jazz, Latin und Afrobeat – eine magische Reise durch ein wieder zeitgemäßes Genre. Insgesamt fünf teils sehr opulente Stücke sind auf dem Maisha-Album «There Is A Place» (Brownswood/Rough Trade) zu finden.

Alle folgen dem von Washington erfolgreich geebneten Weg, ohne es an Eigenständigkeit fehlen zu lassen. Und auf den beim Amerikaner gelegentlich ausufernden Hang zu (freilich grandiosem) Chor-Pathos oder Orchester-Bombast verzichten Maisha gänzlich. Das Londoner Septett um Drummer Jake Long und Saxofonistin Nubya Garcia gehört damit zu einer vibrierenden britischen Jazz-Szene, die dieses Jahr bereits mit dem tollen Label-Sampler «We Out Here» so richtig zum Vorschein kam.

Auf dem achtminütigen «Eaglehurst/The Palace» etwa erzeugen Maisha mit treibender Percussion und einem virtuosen Gitarrensolo von Shirley Tetteh einen dermaßen mitreißenden Groove, dass man den alten «Jazz ist tot»-Vorwurf sofort vergisst. Im sogar gut zehnminütigen «Kaa» übernehmen perlendes E-Piano und Sax die Lead-Funktion für einen fantastischen Flow. Die abschließende Ballade, der Titeltrack, hat mit sanften Flötentönen sogar ein fernöstliches Flair zu bieten.

«There Is A Place» – offenkundig ein Spiegel diverser Londoner Kulturen – spielt auf einen kleinen Park an, in den Maisha-Boss Long gern geht, um in Ruhe nachzudenken. Laut Band-Info ist der Albumtitel aber auch eine Hommage «an all die anderen Plätze, Räume etc. in London, die ihn geprägt haben». Mit ihrer britischen Variante des Spiritual Jazz in der Traditionslinie von John Coltrane oder Sun Ra müssen sich diese sieben Musiker nicht hinter den derzeit so angesagten US-Vorreitern verstecken.

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