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Ukraine will russische Wahlbeobachter verbieten

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Laut einem Gesetzentwurf sollen bei Wahlen in der Ukraine künftig keine russischen Beobachter mehr erlaubt sein. Die OSZE hat Bedenken. Experten schwanken zwischen Verständnis und Kritik und bieten eine Lösung an.

Die Ukraine fürchtet, Russland könnte sich über Vertreter in internationalen Beobachtungsmissionen in die Präsidentschaftswahlen einmischen, die in der Ukraine am 31. März stattfinden. Kiew schließt nicht aus, dass gerade russische Wahlbeobachter bei der Überwachung der Abgabe und Auszählung der Stimmen eine “Schwachstelle” sein könnten.

Daher verabschiedete das Parlament am Donnerstag ein Gesetz, das russischen Staatsbürgern die Teilnahme an der geplanten Wahlbeobachter-Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) untersagt. Demnach sollen Bürger eines Landes, das vom ukrainischen Parlament als “Aggressor-Staat” eingestuft wurde, sowohl bei den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr als auch bei den Parlamentswahlen im Herbst in der Ukraine nicht als Beobachter eingesetzt werden dürfen. Auch Beobachter, die von einem Aggressor-Staat entsandt werden, sollen ausgeschlossen werden. Als Aggressor-Staat hat Kiew wegen der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim und des Krieges im Osten der Ukraine allein die Russische Föderation eingestuft.

Bedenken seitens der OSZE

Am 6. Februar nahm die Mission des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (BDIMR) ihre Arbeit zur Beobachtung der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine auf. Thomas Rymer vom BDIMR erklärte im Hinblick auf das verabschiedete ukrainische Gesetz gegenüber der DW: “Wir haben Bedenken, ob dies mit den OSZE-Verpflichtungen in Bezug auf den Zugang internationaler Beobachter vereinbar ist.” Ihm zufolge wird die OSZE die Entwicklung rund um die Initiative weiter verfolgen. “Wie bei jeder Wahlbeobachtungsmission üblich, wird die Mission prüfen, ob die Vereinbarungen über Wahlbeobachter, sowohl internationaler als auch nationaler, den Verpflichtungen gegenüber der OSZE entsprechen”, so Rymer.

Innerhalb der OSZE habe es aber schon Fälle gegeben, wo ein Staat Wahlbeobachter aus einem anderen nicht zugelassen habe, sagte Peter Kleppe vom Brüsseler Think Tank “Open Europe” der DW. So habe die Türkei im Sommer 2018 jeweils einen Parlamentarier aus Deutschland und Schweden nicht ins Land gelassen. “Für die Ukraine ist diese Option aber nicht die beste Idee”, meint der Experte. Ihm zufolge bestehen seitens der internationalen Gemeinschaft noch Bedenken, was den Zustand der Demokratie in der Ukraine angeht. Daher sollten die Wahlen so transparent wie möglich verlaufen.

Die Ukrainer sind in diesem Jahr erst zu Präsidentschaftswahlen und dann zu Parlamentswahlen aufgerufen (Archivbild)

Verständnis für die Ukraine

Roland Freudenstein vom Brüsseler Wilfried-Martens-Zentrum für Europastudien meint, es sei nicht verwunderlich, dass ein Staat, der Opfer eines Angriffs eines seiner Nachbarländer geworden sei, dessen Bürger von der Wahlbeobachtung ausschließen wolle. Freudenstein ist der Auffassung, die OSZE sollte die Argumente der Ukraine berücksichtigen. “Man kann davon ausgehen, dass die russischen Geheimdienste mit jedem Russen, der an einer solchen Mission teilnimmt, sprechen wird – davor und danach”, glaubt Freudenstein.

Auch Florian Bieber vom Zentrum für Südosteuropastudien der Universität Graz kann verstehen, dass die Ukraine keine russischen Wahlbeobachter haben will. Kiew habe Zweifel an deren Unabhängigkeit. Außerdem könne man sich nicht sicher sein, dass die Russen nicht versuchen würden, sich in die Wahlen einzumischen, sagte er der DW. Bieber betonte, er könne sich nicht vorstellen, dass in den 1990er Jahren – während der bewaffneten Konflikte auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien – kroatische Vertreter an der Beobachtung von Wahlen in Serbien und umgekehrt teilgenommen haben. Aber damals seien zu Wahlen nur wenige Beobachter gekommen. Er erinnere sich nicht, dass es eine Diskussion über deren Staatsbürgerschaft gegeben habe.

Beobachter gezielt aussuchen

Oleksandr Kljuschew vom zivilgesellschaftlichen Netzwerk OPORA, das Wahlen in der Ukraine beobachtet, sagte der DW, einerseits bestehe tatsächlich die Gefahr einer russischen Einmischung in die ukrainischen Wahlen. Doch andererseits riskiere die Ukraine die Unterstützung des Auslands zu verlieren, wenn Bürger bestimmter Staaten von Beobachtungsmissionen ausgeschlossen würden. “Für internationale Institutionen, insbesondere für die OSZE, ist dies eine Herausforderung, weil sich andere Länder später auf Präzedenzfälle berufen können”, glaubt Kljuschew.

Das “Wähler-Komitee der Ukraine” ist der Ansicht, russische Wahlbeobachter sollten gezielt ausgesucht werden. Der Leiter der NGO, Oleksij Koschel, schlägt vor, nur solche zuzulassen, die “Putins Machenschaften bei Wahlen aufdecken und für demokratische Wahlen kämpfen”. “Wir brauchen Hindernisse gegen Putins Propagandisten, aber nicht gegen russische Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die sich wirklich gegen Wahlbetrug einsetzen, sowohl in Russland als auch in der Ukraine”, sagte Koschel der DW. Ihm zufolge könnte Kiew einerseits so verhindern, dass sich russische Geheimdienste in die Wahlen einmischen, und andererseits vermeiden, dass die internationale Gemeinschaft der Ukraine mangelnde Transparenz bei den Wahlen vorwirft.

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