Wirtschaft

Verdi greift zur ganz großen Keule

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Der Warnstreik der Flughafenkontrolleure am kommenden Dienstag in Frankfurt betrifft bis zu 1200 Flüge. Arbeitgeber rufen nach der Politik.

Berlin begannen die Streiks diese Woche, gefolgt von Stuttgart und NRW.

Mehr Eskalation ist kaum möglich. Am nächsten Dienstag nimmt Verdi mit einem 18-stündigen Warnstreik den Frankfurter Flughafen weitgehend vom Netz. Der Ausstand von ein paar hundert Fluggast- und Gepäckkontrolleuren wird den Verkehr in Europa insgesamt beeinträchtigen. Dessen ist sich Verdi offenbar bewusst und hat deshalb den Warnstreik bereits am Freitag angekündigt.

„Die Gewerkschaft überspannt den Bogen mit diesen Maßnahmen zunehmend“, kritisierte der Arbeitgeberverband BDLS das Vorgehen des Tarifpartners. Am vergangenen Montag waren die Berliner Flughäfen von 5 Uhr bis 8.45 Uhr bestreikt worden. Noch folgenschwerer war dann am Donnerstag der ganztätige Warnstreik in Stuttgart, Düsseldorf und Köln/Bonn. Jetzt ist mit Frankfurt der mit Abstand größte Flughafen betroffen, und zwar von 2 Uhr bis 20 Uhr.

“Angriff auf die deutsche Luftfahrt”

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) kritisierte den Warnstreik scharf als „Angriff auf das deutsche Luftfahrt-Drehkreuz Nummer eins“. Verdi schränke die Mobilität Zehntausender nationaler wie internationaler Fluggäste und des Güterverkehrs ein „und verursacht somit einen massiven Schaden für unsere Volkswirtschaft“, sagte BDA-Chef Steffen Kampeter dem Tagesspiegel. „Diese sogenannten Warnstreiks unterstreichen zum wiederholten Mal, dass wir einen gesetzlichen Rahmen für das Arbeitskampfrecht brauchen – das ist die Erwartung der Arbeitgeber an Regierung und Gesetzgeber“, meinte der BDA-Hauptgeschäftsführer. Alles in allem sei der Warnstreik „vollkommen unverhältnismäßig“.

Einheitslohn von 20 Euro die Stunde

Wie in jedem Tarifkonflikt geht es auch diesmal um Geld. Verdi will für die 23 000 Beschäftigten, die bei privaten Sicherheitsfirmen angestellt sind und Fluggäste und Gepäck an fast allen deutschen Flughäfen kontrollieren, eine Erhöhung der Stundenlöhne auf einheitlich 20 Euro durchsetzten. Die Arbeitgeber lehnen das ab, weil eine solche Erhöhung in Einzelfällen bis zu 44 Prozent ausmache; sie haben bislang bis zu 6,4 Prozent mehr Geld angeboten. „Die Gewerkschaft fordert stur 20 Euro pro Stunde für alle Beschäftigten und schädigt mit den völlig ausufernden Streikmaßnahmen Passagiere, Flughäfen und Fluggesellschaften massiv“, kritisierte Rainer Friebertshäuser, der Verhandlungsführer der Arbeitgeber, die Streikstrategie von Verdi.


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Sieben Unternehmen betroffen

Sieben private Unternehmen, darunter Marktführer Securitas und FraSec, eine Tochter des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport, haben sich im Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) organisiert. Diese sieben Firmen übernehmen an 13 Flughäfen hierzulande im Auftrag der Bundespolizei die Passagier- und Gepäckkontrollen. Eine Ausnahme ist Bayern: Dort werden die Kontrollen von landeseigenen Gesellschaften durchgeführt, die unter den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes fallen. Grundsätzlich ist die Kontrolle an den Flughäfen eine hoheitliche Aufgabe, die von der Bundespolizei auf dem Wege einer EU-weiten Ausschreibung für einen Zeitraum von sechs Jahren an private Dienstleister vergeben wird.

Verhandelt wird am 23. Januar

Hierzulande gibt es schätzungsweise knapp 6000 Firmen, die sich auf dem weiten Feld der Sicherheit betätigen und häufig nur Mindestlohn zahlen. In den Sicherheitsfirmen an den Flughäfen wird Tarif gezahlt. Bislang wurden Tarifverträge auf Landesebene abgeschlossen, nun wollen beide Seiten einen bundeseinheitlichen Vertrag. Seit Ende vergangenen Jahres wird darüber verhandelt, der nächste Termin ist für den 23. Januar verabredet. Nach Angaben der Arbeitgeber hat Verdi keinen früheren Termin wahrnehmen wollen – um bis zum 23. ausreichend Zeit für Warnstreiks zu haben.

Der Job lässt sich schnell lernen

Verdi weist das zurück. Die Arbeitgeber hätten vielmehr bei den letzten Gesprächen am 21. Dezember nur maximal zwei Prozent angeboten und eine Lohnanpassung der Ostgehälter an Westniveau binnen fünf Jahren. Der Warnstreik in Frankfurt sei nun erforderlich, weil die Arbeitgeber auf die bisherigen Aktionen nicht mit einem verhandlungsfähigen Angebot reagiert hätten, argumentiert die Gewerkschaft. Die Arbeitgeber halten dagegen: „Die Stundengrundlöhne für die Beschäftigten im Bereich Luftsicherheit sind erheblich höher als bei den Beschäftigten im normalen Wach- und Sicherheitsgewerbe.“ Seit 2011 seien die Einkommen für die sogenannten Luftsicherheitsassistenten in den Ländern mit den größten Flughäfen bereits um 44 Prozent gestiegen – obgleich für den Job keine besondere Qualifikation erforderlich sei. Um Passagiere am Flughafen kontrollieren zu dürfen, müssen die Luftsicherheitsassistenten 160 Stunden geschult worden sein. Schulungsinhalte werden vom Bundesinnenministerium vorgegeben, vor der Bundespolizei muss nach der Schulung eine Prüfung abgelegt werden.

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