Wirtschaft

Weitere Streiks in Tegel und Schönefeld wahrscheinlich

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In Tegel und Schönefeld fallen mehr als 60 Flüge aus. Eine Annäherung der Tarifparteien ist nicht in Sicht, bis zum 23. Januar dürfte es weitere Streiks geben.

In Schönefeld wurde am frühen Montagmorgen gar nicht mehr abgefertigt. Die meisten Flüge starteten verspätet.

Nach dem Streik ist vor dem Streik. Bis zum nächsten Verhandlungstermin am 23. Januar wird es voraussichtlich weitere Warnstreiks der Sicherheitskräfte an den deutschen Flughäfen geben. Am Montagmorgen hatten nach Angaben von Verdi 500 Streikende in Tegel und Schönefeld den Flugverkehr weitgehend gestoppt. Nach Angaben der Flughafengesellschaft Berlin-Brandenburg waren an beiden Flughäfen rund 100 Flüge betroffen, etwa 65 fielen aus, die meisten davon in Tegel.

In Schönefeld habe es zwischen 5 Uhr und 8.45 Uhr überhaupt keine Abfertigungen gegeben, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi. Nach Angaben der Flughafengesellschaft gingen hier 25 Maschinen verspätet in die Luft. Seit dem frühen Nachmittag habe sich die Situation in Tegel entspannt, in Schönefeld hätten sich die letzten Warteschlangen etwas später, gegen 15.30 Uhr aufgelöst. Die betroffenen Passagiere trugen die Unannehmlichkeiten überwiegend mit Fassung und äußerten Verständnis für das Anliegen der Streikenden.

Es geht um 23000 Beschäftigte

In den Tarifverhandlungen für bundesweit 23 000 Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirmen fordert Verdi eine Erhöhung des Stundenlohns für die Bereiche Passagier-, Fracht- und Warenkontrolle auf 20 Euro die Stunde. Das würde nach Angaben der Arbeitgeber, die sich im Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) zusammengeschlossen haben, auf Lohnerhöhungen „bis zu 44 Prozent“ hinauslaufen.

Die Beschäftigten werden heute differenziert nach Flughäfen/Regionen und Tätigkeiten zum Teil sehr unterschiedlich bezahlt. An den beiden Berliner Flughäfen kommen die rund 3000 Arbeitnehmer der Personen- und Gepäckkontrolle im Durchschnitt auf einen Bruttolohn von 2740 Euro. Würde die Tarifforderung von Verdi 1:1 umgesetzt, erhöhte sich das Gehalt auf 3200 Euro. „Auch diese Streikmaßnahmen führen nicht dazu, dass die völlig unrealistischen Forderungen umsetzbarer werden würden“, sagte die BDLS-Geschäftsführerin Cornelia Okpara am Montagnachmittag. Die Arbeitgeber hätten bislang bis zu 6,4 Prozent mehr Gehalt angeboten, und das sei „mehr als verhandlungsfähig“. Vor dem nächsten Termin am 23. Januar werde man kein neues Angebot vorlegen, sagte Verbandssprecherin Silke Wollmann. Darauf warte aber Verdi. Bleibe eine Reaktion der Arbeitgeber auf die Warnstreiks aus, so die Gewerkschaft, seien weitere Streikaktionen unvermeidlich.

“Völlig unrealistische Forderung”

Nach der 4. Verhandlungsrunde hatte Verdi am 21. Dezember bereits Streikaktionen für Januar angekündigt – mit der Einschränkung, den Betrieb in den Weihnachtsferien nicht beeinträchtigen zu wollen. In Berlin und Brandenburg hat am Montag die Schule wieder begonnen, anders als in Hessen, wo die Ferien erst in einer Woche enden. Der Flughafen Frankfurt am Main wäre mit Abstand das größte Streikobjekt, hier arbeiten rund 5000 Personen bei privaten Sicherheitsfirmen. München dagegen ist außer Gefahr: Die dortige Flughafengesellschaft hat die Abfertigung nicht privatisiert, das Sicherheitspersonal fällt unter den Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes.

Außer Frankfurt kommen die beiden großen Flughäfen in NRW (Köln/Bonn und Düsseldorf) in Frage, wenn die Streikstrategen bei Verdi möglichst viele Flüge treffen wollen. Dass in Tegel und Schönefeld bis zum 23. nochmal gestreikt wird, ist eher unwahrscheinlich.

Die Passagiere tragen es mit Fassung

In Tegel bildeten sich am Morgen lange Schlangen vor den Ticketschaltern und den Sicherheitskontrollen, weil der Betrieb nach Ende des Warnstreiks erst langsam wieder anlief. Wer gegen 9 Uhr mit dem Bus ankam, landete direkt nach dem Aussteigen in der Schlange für die Sicherheitskontrolle am Terminal D. Ein Passagier, der nach Köln-Bonn fliegen wollte, hatte schon am Sonntag umgebucht und flog nun drei Stunden später ab. Während er vor dem Terminal D stand, äußerte er Verständnis für die Streikenden: „So üppig verdienen die ja auch nicht.“ Einige Meter hinter ihm war eine Wartende weniger verständnisvoll. „Ein Streik ist ein gutes Mittel, um etwas zu erreichen. Es trifft nur immer die falschen Leute“, sagte sie. Auch im Terminal A standen die Passagiere gegen 9.30 Uhr teilweise noch dicht aneinander und drängten sich in Schlangen gemächlich vorwärts. An der Kontrolle zu den Gates A 08 und A09 hatte es eine Berlinerin schon fast bis zum Sicherheitsbereich geschafft. Die Fluggesellschaft habe alles zuverlässig organisiert, sie sei zuversichtlich, in Zürich den Anschlussflug in die Dominikanische Republik zu erreichen. Trotz der Belastung verstehe sie die Sicherheitskräfte durchaus. „Dass die für mehr Geld streiken, dafür hab ich viel Verständnis.“

20 Euro für alle ist umstritten

Die geforderte Erhöhung auf einen Einheitsstundenlohn von 20 Euro ist indes auch in der Gewerkschaft umstritten, weil Personenkontrolleure eine höhere Verantwortung tragen und vermutlich auch unter höherem Stress stehen als die Gepäckabfertiger. Die Arbeitgeber differenzieren das Personal in Luftsicherheitsassistenten, Luftsicherheitskontrollkräfte und Servicedienstleister – und bezeichnen 20 Euro für alle als „völlig realitätsfern“. Beim Verband hat man die Sorge, dass Verdi Erwartungen weckt, die am Ende nicht erfüllt werden können.

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