Wirtschaft

Wie ein Matratzenfabrikant gegen den Marktführer kämpft

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Ein Berliner Matratzen-Fabrikant liefert sich einen bizarren Streit mit Marktführer Schlaraffia. Er sieht seine Existenz bedroht.

Ausgebremst. Adam Szpyt, Gründer von Bett1.de, soll seine „gut“ bewertete Matratze „Bodyguard“ nicht mehr mit dem Zusatz…

Adam Szpyt muss büßen. Das war dem Gründer und Chef einer kleinen Matratzenfabrik in Falkensee spätestens klar, als er erstmals Post von der Münchener Niederlassung der 2300 Mitarbeiter starken Anwaltskanzlei McDermott Will & Emery mit Zentrale in Chicago bekam. Dank ihr wurde es ein kurzer Prozess. Sie erwirkte dieser Tage im Auftrag des Marktführers Schlaraffia beim Landgericht in Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen Szpyt und seine Firma Bett1.de. Sollte er es noch mal wagen, seine einzige Matratze, das Modell „Bodyguard“, mit dem Zusatz „Anti-Kartell-Matratze“ oder „Deutschlands Beste“ zu bewerben, drohen ihm eine Ordnungsstrafe in Höhe von bis zu 250 000 Euro oder Ordnungshaft. So lautet das Urteil.

Die “Bodyguard” wurde mit “gut” bewertet

„Ich wäre der erste Matratzenproduzent seit hundert Jahren, der wegen zu billiger Preise in den Knast gehen muss“, sagt Szpyt. Eine Richterin habe ihm versichert, dass zuletzt im Jahre 1917 in Berlin ein jüdischer Matratzenfabrikant eingesperrt worden sei, weil er zu billig verkauft habe. Fakt ist, dass die Matratze von Szpyt beim jüngsten Test der Stiftung Warentest im Mai die Note 1,8 („Gut“) erhalten hat. Damit rückte die „Bodyguard“ an die Spitze aller 197 derzeit beim Internetportal der Stiftung test.de aufgelisteten Matratzen vor. Die „Bodyguard“ sei leicht, robust und absolut frei von Schadstoffen, urteilten die Warentester. Und sie sei im Gegensatz zu vielen anderen Produkten auch für schwere Menschen geeignet. Entsprechend positiv fiel das Fazit der Tester aus: „Eine allseits empfehlenswerte Matratze.“ Adam Szpyt bietet seine „Bodyguard“ über sein Internetportal Bett1.de zum Preis von 199 Euro an – statt der für Markenprodukte üblichen 400 bis 1000 Euro, wie die Tester bemerkten.

Das Bundeskartellamt hat 2014 ein Bußgeld gegen Schlaraffia verhängt

Der Verdacht liegt nahe, dass der niedrige Preis das eigentliche Problem für den klagenden Konkurrenten ist. Mit ihm hat sich auch schon das Bundeskartellamt eingehend beschäftigt. So verhängte die Bonner Behörde im Sommer 2014 ein Bußgeld in Höhe von 8,2 Millionen Euro gegen ebendiesen Hersteller Recticel Schlafkomfort GmbH in Bochum, besser bekannt unter ihrem Vertriebsmarkennamen Schlaraffia. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft des belgischen Recticel-Konzerns, der mit insgesamt 11 000 Mitarbeitern auch Dämmstoffe und Materialien für die Inneneinrichtung für Pkw produziert. Die Begründung der Kartellwächter lautete: „Vertikale Preisbindung der Einzelhändler beim Vertrieb ihrer Produkte“. Soll heißen, der Schlaraffia-Produzent soll widerspenstigen Händlern, die billiger verkauften, mit Lieferverzögerungen gedroht haben. Mit ähnlicher Begründung hatte das Kartellamt später auch ein Bußgeld in Höhe von 3,38 Millionen Euro gegen den Münchener Matratzen-Produzenten Metzeler verhängt. Szpyt hatte Ermittlungen 2011 angeregt. Er glaubt, dass Schlaraffia, Metzeler und weitere große Firmen der Branche „unter einer Decke stecken“, ihn und seine mittelständische Firma mit weniger als 100 Leuten aus dem Markt drängen wollen. Das aber ist nicht belegt.

Auf Tagesspiegel-Anfragen reagierte nur ein Matratzenhersteller

Recticel ließ eine Liste von Fragen des Tagesspiegels gänzlich unbeantwortet. Und auch die Firma Metzeler beantwortete die Fragen nicht, verwies aber auf eine Presseerklärung von Februar. „Es gibt eine Null-Toleranz-Politik bei Metzeler Schaum GmbH für alle wettbewerbswidrigen Verhalte“, hieß es damals. „Ein Compliance-Training-Programm und ein Verhaltenskodex unterstützen die Mitarbeiter in ihrer Entscheidungsfindung.“


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Derzeit muss man sechs Wochen auf seine “Bodyguard” warten

Die Lieferzeit für Adam Szpyts „Bodyguard“, die er bis Sonntag weiter als „Anti-Kartell-Matratze“ in seinem Online-Shop verkaufte, beträgt derzeit rund sechs Wochen. Die lange Wartedauer sei mit stark gestiegenen Anfragen nach dem positiven Bericht der „Stiftung Warentest“ zu erklären und dem Umstand, dass er Probleme mit den Zulieferern für Stoffbezüge habe. „Die haben mir gesagt, dass sie von den Marktführern unter Druck gesetzt werden, mich nicht zu beliefern“, behauptet Szpyt. Auch wittert er eine Verschwörung hinter plötzlichen Ausfällen seiner Internetseite. Auch dazu sagen Recticel und Metzeler nichts. „Wir kämpfen schon seit zehn Jahren gegen dieses Kartell. Und wenn es sein muss, noch zehn Jahre mehr“, kündigt Szpyt an.

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