Wirtschaft

“Es wird immer mehr Bargeld geben”

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Geldinstitute bunkern Bargeld, um sich vor Zinsen zu drücken. Dadurch sind immer mehr Euro im Umlauf, sagt Bundesbank-Vorstand Thiele.

Herr des Bargelds: Carl-Ludwig Thiele war lange in der Politik. Seit 2010 ist er im Vorstand der Bundesbank.

Carl-Luwig Thiele (63) ist seit Mai 2010 Vorstand der Deutschen Bundesbank und dort für die Themen Bargeld, Zahlungsverkehr und die Goldreserven zuständig. Vor seinem Wechsel hatte der Jurist Karriere in der Politik gemacht. Zwanzig Jahre lang, von 1990 bis 2010, hatte das FDP-Mitglied im Bundestag gesessen. Thiele war Mitglied im Haushaltsausschuss, vorübergehend Vorsitzender des Finanzausschusses und acht Jahre lang Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion.

Herr Thiele, wie halten Sie es mit dem Bezahlen? Haben Sie immer Bargeld dabei?

Ja, das habe ich. Aber wie die meisten Deutschen nutze ich verschiedene Zahlungsmittel. Bei Beträgen über 50 Euro zahle ich vorwiegend unbar, darunter eher bar.

In der Europäischen Union wird über eine Obergrenze für Bargeldzahlungen diskutiert. Viele Länder haben sie schon, Deutschland nicht. Brauchen wir auch eine Obergrenze?

Als Gründe für die Einführung einer Bargeldzahlungsobergrenze werden stets die Bekämpfung der Kriminalität, Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung genannt. Dass diese bekämpft werden müssen, steht außer Frage. Aber es gibt keine einzige wissenschaftlich fundierte Studie, die die Wirksamkeit einer Obergrenze für Barzahlungen zur Kriminalitätsbekämpfung belegt. Ich befürchte, dass eine solche Obergrenze vor allem die legitimen Nutzer einschränkt. Kriminelle werden dagegen für ihre Machenschaften weiter Bargeld nutzen, weil ihnen das Gesetz egal ist oder weil sie auf ausländische Währungen, Edelmetalle oder Bitcoins ausweichen. Ich rate daher von einer vorschnellen Einführung einer Obergrenze in Deutschland ab. Mir ist auch nicht bekannt, dass es in Ländern mit einer solchen Regelung weniger Kriminalität gibt als bei uns.

Wie in Italien, das eine Obergrenze von 3000 Euro hat … Man hat den Eindruck, dass in der Euro-Zone die Deutschen die größten Freunde des Bargelds sind. Woran liegt das?

Bargeld hat eine hohe Akzeptanz, die Kosten sind gering, man hat eine gute Kontrolle über seine Ausgaben, das Bezahlen geht schnell und ist anonym. Außerdem ist es einfach, sich in Deutschland mit Bargeld zu versorgen. Übrigens: Vergleicht man das Zahlungsverhalten der europäischen Länder miteinander sind die Österreicher noch größere Freunde des Bargeldes als wir.

Gibt man mehr Geld aus, wenn man bargeldlos zahlt?

Vor drei Jahren haben wir unsere letzte Zahlungsverhaltensstudie veröffentlicht. Damals haben 65 Prozent der Befragten, die ausschließlich Bargeld nutzen, als wichtigsten Grund die Ausgabenkontrolle angegeben. Bei den Kartenzahlern glaubten dagegen nur 22 Prozent, dass Bargeld den Überblick über die Ausgaben verbessert. Eines ist aber verblüffend: Jeder – egal ob Barzahler oder nicht – will einfach, sicher, schnell und vernünftig zahlen. Und jeder glaubt, dies mit seiner Zahlungsart auch zu tun.

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