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G20 im Zeichen der Handelskonflikte mit den USA

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Beim Gipfel der 20 wichtigsten Staaten der Welt in Japan wird sich wieder einmal alles um den US-Präsidenten drehen. Seine Handelskonflikte mit fast allen Weltregionen bestimmen die Agenda. Aus Osaka Bernd Riegert.

Letzte Stellproben vor dem Gipfel im Kongress-Zentrum von Osaka

Der Gastgeber des diesjährigen G20-Gipfel, der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe, will sich am Freitag und Samstag in Osaka bemühen,  das Treffen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer der Welt nicht nur um einen Mann kreisen zu lassen. US-Präsident Donald Trump hat vor seine Abreise nach Japan wieder neue Drohungen gegen China, aber auch Verbündete im Streit um Handelsvorteile ausgestoßen. Die Japaner haben trotzdem Themen wie den Kampf gegen Treibhausgase, Plastikmüll im Meer , die Überalterung der westlichen Gesellschaft und die Zukunft der Arbeit in der digitalisierten Wirtschaft auf die Tagesordnung gesetzt. Bei diesen Themen seien auch Fortschritte erzielt worden, beteuert ein hochrangiger EU-Diplomat, aber die Arbeit in den G20-Gremien, die den Gipfel vorbereiten sei durch die national ausgerichtete Politik der USA und die Gegenreaktion anderer Länder sicher schwieriger geworden.

Handel, Handel, Handel

“Eine der dringendsten Aufgaben der G20-Staaten ist es, das Vertrauen in das multilaterale Handelssystem wieder herzustellen. Die Handelskonflikte haben begonnen, die Perspektiven für wirtschaftliches Wachstum stark zu belasten”, meinte dazu Koij Tomita, der G20-Beauftragte der japanischen Regierung. Tomita ist einer der “Sherpas” genannten Unterhändler, die die Gipfeldokumente vorbereiten und mögliche Kompromisse ausloten. Tomita und viele seiner  Kollegen wollen die Staats- und Regierungschefs dazu bringen, eine Reform der Welthandelsorganisation (WTO) grundsätzlich anzustoßen. Die Handelsregeln entsprechen nicht mehr den Anforderungen, die Gremien der WTO müssten überarbeitet werden. Darin sind sich viele G20-Länder einig, was auch schon auf dem letzten Gipfel in Buenos Aires vor einem halben Jahr beschlossen wurde. Allerdings, wenn es um konkrete Schritte geht, bricht schon wieder Streit zwischen den USA, China und Europa aus.

Golfen für den Teamgeist: Japans Premier Abe (li.) will US-Präsident Trump von Partnerschaft im Handel überzeugen (Archiv)

Trump gegen den Rest der Welt

US-Präsident Donald Trump hatte erst am Mittwoch fast allen Staaten der Welt vorgeworfen, sie würden die USA im Welthandel übervorteilen und “unfair” behandeln. Die Europäer, Chinesen, Mexikaner und andere drängen die USA im Gegenzug, sich an internationale Regeln zu halten. Am Rande des G20-Treffens in Osaka wollen sich die beiden Hauptkontrahenten, US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping zu einem Gipfeltreffen zusammensetzen. Trump drohte vor seiner Abreise nach Osaka mit weiteren Strafzöllen auf chinesische Produkte. “Ich würde weitere Zölle draufschlagen, wenn das nicht klappt, wenn wir keinen Deal hinbekommen”, sagte Trump dem Sender Fox Business Network. Die Zölle könnten jetzt nur 10 Prozent statt der bisher angekündigten 25 Prozent betragen, schränkte Trump ein. “Ich möchte einen Deal, er ist möglich. Aber wenn wir keinen schaffen, bin ich mit der derzeitigen Situation auch sehr zufrieden”, sagte der Präsident weiter. US-Finanzminister Steven Mnuchin, der sich zu Vorgesprächen in China aufhält, glaubt nicht, dass es zu einem Durchbruch kommt, will aber erreichen, dass die Chinesen, die ihrerseits Zölle auf US-Waren verhängt haben, wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren.

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Warnungen vor schwacher Weltwirtschaft

Bislang sind Waren um Wert von rund 200 Milliarden US-Dollar von dem Handelsstreit betroffen. Im schlimmsten Fall könnten 300 Milliarden US-Dollar hinzukommen. “Die chinesische Wirtschaft geht den Bach runter. Die wollen verhandeln”, gab sich Donald Trump in dem Interview siegessicher. “Im letzten Jahr haben die USA ein nur noch schwer überschaubares Geflecht an Handelskonflikten geschaffen”, sorgt sich ein EU-Diplomat in Osaka bei den Vorbereitungen des Gipfels. Nicht nur China, auch Mexiko, Kanada, Vietnam, die EU und auch Gastgeber Japan haben mit Strafzöllen und deren Androhungen aus dem Weißen Haus zu kämpfen. Das führe, sagte David Malpass, der Präsident der Weltbank, in der vergangenen Woche zu einer “Abschwächung der Zuversicht in den Unternehmen, einer Abnahme des Welthandels und zu schleppenden Investitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern.” Die Chefin des Weltwährungsfonds (IWF) Christine Lagarde, warnte, die verhängten und noch angedrohten Zölle zwischen den USA und China könnten zu einem Schrumpfen der Weltwirtschaft um 0,3 bis 0,5 Prozent im kommenden Jahr führen.

Obwohl auch US-Unternehmen Donald Trump warnen, seinen Kurs zu ändern, ist dieser wohl weiter fest entschlossen. Noch geht es der amerikanischen Konjunktur gut, die Arbeitslosigkeit ist extrem niedrig. Die Börsenkurse erreichen Rekordwerte. “Unser Modell ist erfolgreich. Andere sollten uns nacheifern”, empfahl ein hoher Beamter aus dem Weißen Haus vor dem Gipfeltreffen.

Der nächste Konflikt scheint schon vorprogrammiert. Im Anflug auf Osaka beschwerte sich US-Präsident Trump über angeblich zu hohe Zölle, die Indien auf Waren aus den USA erheben will. “Unakzeptabel” sei das Vorgehen der Inder, twitterte Trump. Darüber will er bei einem Vier-Augen-Gespräch mit Indiens Premier Narendra Modi in Japan sprechen.

WTO soll reformiert werden

Die “T20”, ein weltweiter Zusammenschluss von Denkfabriken und Wirtschaftsforschern, hat die G20-Teilnehmer aufgefordert, eine gründliche Reform des Welthandelssystems in Angriff zu nehmen. Ob das jedoch in Osaka mit den USA und anderen Akteuren gelingen kann, ist fraglich. Donald Trump und nicht nur er, handelt schließlich nach der Devise “Mein Land zuerst”. Die Europäische Union fordert ebenfalls Reformen und ein “auf Regeln beruhendes internationales Handeln”. Sie hat mit Kanada und Japan im Gegensatz zu den USA gerade erst umfassende Freihandelsabkommen abgeschlossen. Verhandlungen mit anderen Weltregionen laufen. Die EU hat auch allergrößtes Interesse an freiem Handel, so die EU-Kommission in einem Papier zum G20-Gipfel. Fast die Hälfte der Wirtschaftsleistung (48,5%) beruht in den 28 Mitgliedsstaaten auf Exporten. In den USA liegt dieser Anteil nur bei 12 Prozent.

Pragmatische Ansätze

Die japanischen Gastgeber wollen auch über die chinesische “Belt and road”-Initiative sprechen, die darauf abzielt, Infrastruktur in Afrika, Asien und zunehmend auch in europäischen Staaten mit chinesischer Finanzierung und mit chinesischen Baufirmen zu errichten. Das “Seidenstraßen”-Modell wird zunehmend kritisiert, weil die teilnehmenden Staaten sich verschulden und die lokale Bevölkerung meist wenig profitiert. Der Gipfel soll sich auch zu einer Besteuerung von digitalen Unternehmen, besserer Regulierung des Datenaustausches und Grundsätzen für das Internet der Dinge bekennen. Alle Beschlüsse sind allerdings unverbindlich und freiwillige Zusagen. Der japanische Sherpa Koji Tomita will sich auf “praktische Dinge” konzentrieren, wobei “praktisch” von verschiedenen Staaten auf unterschiedliche Weise definiert wird.

Die britische Premierministerin Theresa May und der französische Staatspräsident Emmanuel Macron wollen erneut starke Plädoyers für mehr Klimaschutz und eine Begrenzung der Erderwärmung halten. Das dürfte vor allem auf Widerstand der USA stoßen, die sich aus dem Pariser Klima-Abkommen der UNO verabschiedet haben. US-Präsident Trump hält den Klimawandel , wenn es ihn überhaupt gebe, nicht für vom Menschen beeinflusst.

Wohl organisiert und geduldig: Die Polizei in Osaka stellt mobile Straßensperren vor Hotels auf.

Merkel trifft Trump

US-Präsident Trump wird in eineinhalb Tagen etwa neun bilaterale Treffen abhalten, darunter auch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Mit ihm möchte Trump über den Konflikt mit dem Iran sprechen, ansonsten ist das Verhältnis zu Moskau stark abgekühlt. Auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erhält eine Audienz. Ihm will der Präsident wegen des Kaufs russischer Raketenabwehrwaffen die Leviten lesen. Bundeskanzlerin Angela Merkel wird ebenso den Präsidenten treffen, wie auch schon bei vorangegangenen G20-Gipfel. Was er Merkel sagen wird, hat Trump bereits im Fernsehinterview angekündigt. Es ginge nicht an, dass Deutschland Russland Milliarden von Euro für Erdgasgeschäfte in den Hals werfe, aber dann keine Geld für seine Verteidigung ausgeben wolle. Die Bundeskanzlerin wird erneut versuchen, dem Präsidenten den Sinn der vielfach kritisierten Nord-Stream2 Gaspipeline von Russland nach Deutschland zu erklären.

Keine großen Proteste erwartet

Rund 30.000 Polizisten werden die Gipfelteilnehmer im Süden der Millionenmetropole Osaka schützen. Die Schulen sind geschlossen. Die Menschen in Osaka wurden aufgerufen, ihre Autos nicht zu benutzen. Rund um große Hotels in der Innenstadt sollen Bars und Geschäfte nicht öffnen. Mit großen Demonstrationen wie in Buenos Aires oder gar in Hamburg im Jahr 2017 wird in Japan nicht gerechnet. Zwar hatten Attac Japan und Klima-Schützer zu Protesten aufgerufen. Bislang kamen aber nur einige Hundert Teilnehmer.

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