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“Kehrt um!” – Wenn Panik die Hilfe im Tsunamigebiet blockiert

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Drei Tage nach dem Tsunami in Indonesien laufen die Bergungs- und Aufräumarbeiten auf Hochtouren. Doch es gibt viele Faktoren, die dies erschweren, wie Julian Küng bei seiner Ankunft im Katastrophengebiet feststellte.

Mit einem Zweig stochert Rahmat in einer Schlammpfütze, fischt einen durchtränkten Stoffschuh heraus. “Wir haben alles verloren”, sagt der Junge verzweifelt, während seine drei Brüder durch die Trümmermassen waten, welche vor wenigen Tagen noch ihr zu Hause war.

Das blanke Entsetzen: Die Brüder Rahmat blicken auf die Trümmer ihres Hauses

Daneben schlägt Uju Sukarsi mit einer Machete Bambusstäbe ihres weggefluteten Strandrestaurants bei Seite. “Mein geliebtes Nudelrestaurant liegt in Trümmern”, sagt die Mutter zweier Töchter verzweifelt. Nur zwei Schicksale inmitten von Tausenden in der Region Banten im Westen der Insel Java, welche auch drei Tage nach der verheerenden Flutwelle einer Post-Apokalypse gleicht.

Die Existenzgrundlage verloren: Restaurantbesitzerin Uju Sukarsi

Regelmäßig fahren Ambulanzfahrzeuge mit Sirenen über die schmale Küstenstraße zwischen Sumur und Anyer, transportieren neu gefundene Opfer in Behandlungszentren. Mindestens 429 sind nach neuesten Angaben bei dem Tsunami ums Leben gekommen, rund 15.000 wurden verletzt.

Alles läuft über die Küstenstraße

Die Küstenstraße sei derzeit eine drohende Todesfalle, sagt Komandant Rico Sirait am Dienstagabend (Ortszeit) der DW: “Nur etwa 10 schmale Sträßchen können bei einem erneuten Tsunami als Fluchtwege in die erhöhten Gebiete genutzt werden.” Bei einer Wellengeschwindigkeit von 25 km/h ist die Flucht nur für schnelle Läufer zu schaffen. “Wir haben Mutter deshalb bereits in ein höher liegendes Dorf gebracht”, sagen die Gebrüder Rahmat, während sie die Reste ihrer Existenz zusammenkehren, nur wenige Meter vom Meeresstrand entfernt.

Muss die Hilfskonvois koordinieren: Kommandant Rico Sirait

Angespannte Lage schafft Angst

Plötzlich bricht Panik aus. “Putar Bale! Putar Bale!”, (Kehrt um! Kehrt um!) hört man aus vorbeifahrenden Autos schreien. Ein Soldat fuchtelt mit den Händen und befiehlt den Fahrern zu wenden. Fahrzeuge hupen, Bewohner springen auf Pickup-Ladeflächen, brausen in Richtung Norden um der drohenden Flutwelle zu entkommen.

Eine Stunde später dann die Entwarnung des Militärs: “Eine Falschmeldung!”, beruhigt Militärkommandant Sirait am Stützpunkt. “Besser einmal zu viel als zu wenig”, sagt ein Autofahrer, der mit Versorgungsgütern Richtung Sumur unterwegs war. Denn das Frühwarnsystem hatte am vergangenen Samstag kläglich versagt. Als die erste Flutwelle gegen die Küstenregion donnerte, war noch von keiner Tsunami-Warnung die Rede.

Die Versorgung ist mühsam, es gibt aber viele Helfer

Wichtige Minuten für die Hilfslieferungen verloren

“Ein Großteil des Verkehrs der Küstenstraße bringt Lebensmittel in die südlichen Flüchtlingslager. Aufgrund der Falschmeldung hat sich die Versorgung nun unnötig verzögert”, sagt Kommandant Sirait über die Mammutaufgabe, die 16.000 Obdachlosen zu versorgen. Kisten mit Fertignudeln stapeln sich hinter ihm im Verteilungszentrum des Militärs. “14 Dörfer beliefern wir von hier aus mit Lebensmitteln und Hygieneartikeln”, sagt Soldat Wahyu, während wieder ein voll beladener Lastwagen Richtung Flüchtlingscamp davonbraust.

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