Wirtschaft

Kritik an Apples Blockadestrategie

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Demnächst kann man mit dem iPhone zahlen. Doch dass Apple dabei Konkurrenten blockiert, sorgt für Widerstand.

Smartphone statt Kreditkarte. Der Bezahldienst Apple Pay startet noch in diesem Jahr in Deutschland.

In Spanien, Großbritannien, Dänemark, selbst im Vatikan kann man im Supermarkt längst mit seinem iPhone bezahlen. In Deutschland dagegen hat sich Apple lange damit schwergetan, seinen Bezahldienst Apple Pay einzuführen. Doch jetzt hat Konzernchef Tim Cook überraschend angekündigt, Apple Pay in diesem Jahr auch hierzulande anbieten zu wollen. Wer im iPhone seine Kreditkartendaten hinterlegt, soll an der Kasse nur noch sein Smartphone vorhalten müssen, um zu bezahlen. Wann genau der Dienst freigeschaltet wird, ist noch unklar.  Spätestens zum Jahresende soll es so weit sein.

Andere Anbieter sind schon weiter

Besonders früh ist Apple damit nicht dran. Anders als iPhone-Besitzer können Verbraucher mit einem Android-Gerät schon jetzt bezahlen. Im Juni startete Google Pay. Erst diese Woche sind die Sparkassen mit ihrer App fürs mobile Bezahlen an den Start gegangen. Die Volks- und Raiffeisenbanken folgen noch im August. Die Deutsche Bank hat schon länger einen eigenen Bezahldienst fürs Smartphone im Angebot. Aber eben nur für Android-Geräte. Der Grund: Apple lässt seine Kunden einzig den eigenen Bezahldienst nutzen, anderen Anbietern verweigert der Konzern den Zugang zur entscheidenden Schnittstelle im Gerät. Dadurch sind iPhone-Nutzer bislang vom mobilen Bezahlen ausgeschlossen und werden auch künftig einzig Apple Pay nutzen können.

Und das geht auch nur, wenn ihre Bank mit Apple zusammenarbeitet. So wie etwa die Deutsche Bank. Deren Sprecher sagt: „Später in diesem Jahr wird die Deutsche Bank Apple Pay auf den Markt bringen.“ Auch die Smartphone-Bank N26 ist dabei. Ihr Gründer Valentin Stalf schreibt auf Twitter: „Apple Pay launcht endlich in Deutschland und wir werden als Partner mit am Start sein.“ Das gilt ebenso für die Hypovereinsbank, bestätigte ein Sprecher. Weitere Banken wollen sich zunächst nicht äußern. Was wohl auch daran liegt, dass Apple mit allen Geheimhaltungsvereinbarungen getroffen hat. Außer einzelnen Sätzen, die noch dazu mit der Zentrale in Cupertino abgestimmt werden müssen, darf hierzulande keiner ein Wort verlieren.

Apple nutzt seine Macht aus

Das zeigt, wie dominierend Apple ist. Der Konzern hat für das mobile Bezahlen mit dem iPhone ein Monopol und will davon nicht abrücken. Seine Macht scheint der Konzern dabei knallhart zu nutzen. So heißt es in Branchenkreisen, dass sich die Verhandlungen auch deshalb hierzulande so lange hingezogen haben, weil man sich uneins darüber war, welchen Anteil die Banken von den Kreditkartengebühren an Apple abtreten müssen.


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Es ist ein Machtverhältnis, für das hierzulande längst nicht alle Verständnis haben. So heißt es von den Volks- und Raiffeisenbanken, sie hätten einen eigenen Dienst entwickelt, der das Bezahlen per Smartphone allen Kunden ermöglicht. Dass iPhone-Nutzer den Dienst nicht nutzen könnten, sei nicht die Schuld der Institute. „Es liegt an Apple, die entsprechende NFC-Schnittstelle für die Kreditwirtschaft freizugeben, damit alle Kunden diesen technischen Marktstandard in gleicher Weise nutzen können“, sagte ein Sprecher des Bundesverbands der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR).

Auf politischer Ebene formiert sich ebenfalls Widerstand. „Apple muss die Schnittstelle auch für andere Anbieter freigeben“, forderte Nadja Hirsch, Vorsitzende der FDP im Europaparlament. Ansonsten sollte die EU-Wettbewerbskommissarin Vestager den Konzern dazu zwingen. Mit einer Anfrage will sie von der Kommission wissen, ob sie einen Missbrauch von Marktmacht prüft.

Widerstand in anderen Ländern

Auch in anderen Ländern gibt es Widerstand. So hatten sich in Australien mehrere Großbanken zusammengetan: Sie wollten dafür kämpfen, dass der Konzern auch ihren Banking-Apps Zugriff auf den Funkchip für das kontaktlose Bezahlen (NFC) ermöglicht und beschwerten sich über die Praktiken von Apple. Doch die australische Wettbewerbsbehörde ACCC wies das Ansinnen im vergangenen Jahr zurück. Trotzdem boykottieren verschiedene Großbanken im Gegenzug Apple Pay – ihre Kunden können den Dienst nicht nutzen.

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In der Schweiz, wo Apple Pay bereits vor zwei Jahren startete, gibt es ebenfalls Protest. Dass Apple Konkurrenten blockiere, sei „ein klarer Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung“, sagt die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). „Ein derartiges Verhalten ist monopolistisch und verstößt offensichtlich gegen das Kartellrecht“, argumentieren die Verbraucherschützer und klagten bei der Schweizer Wettbewerbskommission. Diese hat jedoch bislang kein Verfahren eingeleitet, sondern will zunächst die Marktentwicklung beobachten.

Die Begeisterung für das Bezahlen per Smartphone konnte Apple bei den Schweizern ohnehin nicht anfachen: Nur 1,2 Prozent ziehen es den anderen Bezahlmethoden vor. Weltweit wurden im vergangenen Quartal eine Milliarde Transaktionen über Apple Pay abgewickelt – mehr als drei Mal so viele wie ein Jahr zuvor. Allerdings stieg seither auch die Verbreitung deutlich. Inzwischen gibt es den Dienst in 24 Ländern.

Hierzulande sieht der Verbraucherzentrale Bundesverband auch wegen der geringen Verbreitung vorerst keinen Handlungsbedarf. Ohnehin sei es an den Banken, sich ans Bundeskartellamt zu wenden. Doch dort ist bislang noch keine Beschwerde eingegangen.

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