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Patrick Duddy: “Trump handelt richtig und vorsichtig”

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US-Präsident Trump habe bisher gut auf die Krise in Venezuela reagiert, sagt der ehemalige US-Botschafter Patrick Duddy. Er erklärt auch, warum Staatschef Nicolás Maduro wohl bald gezwungen sein werde, zurückzutreten.

Patrick Duddy: Von 2007 bis 2017 Botschafter der USA in Venezuela

DW: Sie kennen Nicolás Maduro persönlich. Wie würden Sie ihn beschreiben?

Patrick Duddy: Er ist nicht so charismatisch und auch nicht so flexibel wie sein Vorgänger Hugo Chávez. Zum ersten Mal habe ich ihn getroffen, als er noch Abgeordneter war. Erst später, als er Außenminister wurde, habe ich ihn besser kennen gelernt. Im Privaten ist er ein eher reservierter Mensch. Ich glaube man könnte ihn zunächst als treuen Untergebenen von Hugo Chávez bezeichnen. Erst als er Präsident wurde, fiel seine Neigung zum Autoritarismus auf.

Denken Sie, dass man ihn davon überzeugen könnte, freiwillig zurückzutreten?

Ich glaube dabei geht es nicht um Überzeugungsarbeit. Vielmehr wird es von den Umständen abhängen: Wenn er so sehr an öffentlicher Zustimmung verliert, dass es nicht möglich ist, weiter im Amt zu bleiben. Ich bin nicht komplett überzeugt, dass er die bedingungslose Unterstützung des Militärs hat. Druck von innerhalb und außerhalb des Landes zusammen könnten ihn davon überzeugen, zurückzutreten und vermutlich auch das Land zu verlassen.

Ausgehend von seiner Persönlichkeit: Denken Sie, dass Maduro, wenn nötig, das Militär einsetzen wird, um die Opposition zum Schweigen zu bringen? Auch wenn das bedeutet, Menschen töten zu müssen?

In den vergangenen fünf Jahren hat die Regierung sehr skrupellos auf Straßenproteste reagiert. Es gab keine Massenmorde, aber in den Jahren 2014 und 2017 gab es Phasen, in denen die Regierung mit großer Brutalität gegen oppositionelle Demonstranten vorgegangen ist.

Venezuelas (Noch-)Staatschef Nicolás Maduro: Wird er unter dem internationalen Druck nachgeben?

Wie bewerten Sie das Vorgehen der Trump-Regierung im Fall Venezuela?

Ich denke, es ist eine Fortsetzung der Ansätze von Bush und Obama. Unser Einsatz ist aber intensiver geworden, da auch die humanitäre Krise in Venezuela kritischer wurde. Drei Millionen Flüchtlinge verlassen das Land und Nahrungsmittel und Medizin sind nicht immer und überall zugänglich. Die aktuellen Entwicklungen machen deutlich: Venezuela steht kurz davor, ein ‘failed state’ zu werden. Und wie bei allen ‘failed states’ können die Probleme innerhalb dieser Länder nicht durch Grenzen aufgehalten werden. Genau das zeigen die Fluchtbewegungen – zehn Prozent der Bevölkerung haben das Land bereits verlassen. Prognosen sagen, dass mindestens weitere zwei Millionen Venezulaner dieses Jahr flüchten werden, sollte sich die Situation im Land nicht verbessern.

Das Vorgehen der US-Regierung war bisher richtig und geschickt. Wir arbeiten mit Partnern in der Region, um die demokratische Opposition zu unterstützen und den Zuspruch für den selbsternannten Übergangspräsidenten Juan Guaidó zu erhöhen. Die Regierung hat in den vergangenen Jahren oftmals ihre Sorgen über den politischen Zerfall und die aufkommende humanitäre Krise im Land geäußert. Aber wir haben nur nach und nach Sanktionen verhängt, und nur wenn in Südamerika wirklich Einigkeit darüber bestand, dass die Situation in Venezuela außer Kontrolle gerät. Und ich denke, dass die Regierung weiterhin klar macht, dass die Vereinigten Staaten eine friedliche politische Lösung wollen. Eine Lösung, die die Demokratie wiederherstellt und die Beobachtung von Menschenrechten und humanitäre Unterstützung ermöglicht.

Einerseits hat die Regierung gesagt, dass alle Optionen auf dem Tisch liegen. Aber ich denke, dass immer alle Optionen möglich sind. Vielleicht gibt es auch gewisse Umstände, in denen wir andere Optionen in Betracht ziehen – vor allem wenn unsere Botschaft und das Personal betroffen sind. Aber Außenminister Mike Pompeo und andere haben mehrfach gesagt, dass die USA die Demokratie unterstützen. Wir gehören jetzt zu einer wachsenden Gruppe von Demokratien weltweit, die Guaidó als Übergangspräsidenten anerkennen. Und die Regierung hat deutlich gemacht, dass wir an einer friedlichen Lösung interessiert sind.

Selbsternannter Übergangspräsident Juan Guaidó: Von den USA und vielen europäischen Staaten anerkannt

Sie bewerten den bisherigen Umgang der Trump-Regierung mit Venezuela sehr positiv. Sind Sie überrascht, dass die USA als Teil einer internationalen Koalition agiert haben?

Ich denke auf jeden Fall, dass die Regierung in richtiger und vorsichtiger Art und Weise gehandelt hat. Sie arbeitet sehr zielorientiert mit Partnern in der Region, von denen viele selbst vom Chaos in Venezuela betroffen sind. Es gibt jetzt rund eine Million venezuelanische Flüchtlinge in Kolumbien. Schätzungen sprechen von rund 400.000 in Ecuador. Mehr als 600.000 sind nach Peru gekommen.

In Südamerika werden wir Zeugen eines Flüchtlingsproblems, das die Region in diesem Ausmaß noch nicht erlebt hat. Und innerhalb Venezuelas beobachten wir eine Inflation, die einzigartig für Südamerika ist. Ein Kontinent, der schon mehrere Hyperinflationen überstanden hat.

Wie lautet Ihre Prognose: Wann werden wir wissen, ob die Bemühungen, Maduro abzusetzen, erfolgreich sind? Oder könnte Venezuela in einer ähnlichen Situation wie Syrien enden?

Man kann nur hoffen, dass es nicht wie Syrien wird. Gleichzeitig gibt es in der internationalen Presse bereits Anzeichen dafür, dass China und Russland ihre Reaktionen abstimmen. Die beiden Staaten haben bis heute Maduro unterstützt. Aber mir ist nicht klar, wie sie ihre eigenen Interessen erreichen können, indem sie Maduro weiter stützen – spätestens wenn der internationale Druck so groß wird, dass er seine zweite Amtszeit nicht beenden kann. Ich denke, er wird irgendwann gezwungen sein, zurückzutreten, aber ich möchte keine Prognose abgeben, wann das passieren könnte.

Patrick Duddy (Artikelbild) war US-Botschafter in Venezuela unter den Präsidenten George W. Bush und Barack Obama. Er wurde 2008 von Hugo Chávez des Landes verwiesen und erst während der Obama-Regierung im Jahr 2009 wieder eingesetzt. Duddy leitet heute das Zentrum für lateinamerikanische und karibische Studien der Duke University.

Das Gespräch führte Michael Knigge.

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